Man muss nicht unbedingt einen an der Waffel haben, um zum Islam überzutreten - meint Stefan Weidner in der SZ. Weidner -Islamwissenschaftler, Übersetzer und Schriftsteller- spricht aus eigener Erfahrung, wäre er doch als junger Mann auch fast selbst Muslim geworden. Das zeigt zwar nur, dass sich Weidner rückblickend für seelisch gesund hält, beweist in Bezug auf heutige Konvertiten jedoch nichts.
An Weidners seelischem Zustand kommen nebenbei auch gleich im ersten Abschnitt erhebliche Zweifel auf, so hält er es tatsächlich für möglich, dass "am Ende in jedem von uns ein Trieb steckt, der sich nur durch die Konversion zum Islam befriedigen lässt". Was für ein Trieb das denn sein könnte bleibt offen, dafür folgt jede Menge Propaganda für Allah.
Alles wenig überzeugend. Der Spruch: ""Wir schufen einst den Menschen und wissen, was ihm seine Seele einzuflüstern sucht: Näher sind wir ihm als seine Halsschlagader", der lt. Weidner wie Donner aus heiterem Himmel zur Umkehr mahnt, ist so originell nun wieder nicht - auch andere Religionen versetzen mit der angeblichen Allwissenheit Gottes ihre Schäfchen in Angst und Schrecken. Ein Grund Muslima zu werden? Nicht unbedingt.
Dem biblischen Gott hat Allah noch mehr voraus: "Wer den Koran liest, fühlt sich öfter selbst angeredet, als wäre auch er ein Prophet. Das ist betörend und unheimlich zugleich. Der Appellcharakter ist entsprechend größer und ebenso das Versprechen der Geborgenheit, wenn man nachgibt und sich bekennt." Jo, so wie bei IKEA . Das distanzlose, ständige Duzen ist auch betörend und unheimlich zugleich. Und nervt. Aber - der Appellcharakter ist entsprechend größer (als bei Höffi?) und ebenso das Versprechen der Geborgenheit, wenn man nachgibt und sich bekennt (also kauft). Und zu Hause bereut? Man muss schon sehr einfach gestrickt sein oder ein verdammt großes Bedürfnis nach religiöser Geborgenheit haben, um auf solche einfachen Tricks reinzufallen.
Weidner weiter: "Man könnte den Islam mit dem Heiratsantrag eines äußerst viel versprechenden, obschon recht autoritären Typen vergleichen. Die Versuchung zum Jawort ist bei solchen Anträgen naturgemäß groß, selbst wenn der Verstand schüchtern ein paar Einwände macht." Ein äußerst vielversprechender, autoritärer Typ? Meint Weidner tatsächlich den Islam? Und ist es ein Zeichen seelischer Gesundheit, einem solchen Typen das Jawort zu geben, entgegen jeder Vernunft?
Wie löst der Islam das Versprechen nach unendlicher religiöser Geborgenheit ein? Richtig, durch die Scharia. "Das Versprechen lockt immer und alle, und der Islam bemüht sich, es einzulösen, nicht zuletzt dank eines Aspekts, den wir Demokraten am heftigsten kritisieren (und komischerweise als Christen nicht missen): Dass Religion und Gesetz, Staat und Moschee ein Ding sind." Religion = Gesetz, Staat = Moschee. Der Traum eines jeden Fundamentalisten.
Und der Traum eines jeden Theokraten: "Die Demokratie verlangt von den Bürgern, Gesetze ständig zu überdenken, zu verändern, zu verbessern. Sie macht es schwer, sich mit dem Status quo zu identifizieren, und so droht sie uns zu überfordern. Mit dieser Überforderung macht die Konversion Schluss, selbst wenn der Verstand wieder einwendet, dass der Konvertit ja nicht im islamischen Mittelalter, sondern meist nach wie vor in einer westlichen Demokratie lebt." Die Konversion macht Schluss mit der demokratischen Überforderung des Einzelnen, der Islam macht dann Schluss mit der Demokratie. Ist ja auch viel einfacher, sich an die gute alte Scharia zu halten, als ständig die Gesetzte zu überdenken und zu verändern. Geradezu anheimelnd.
Wer sich das Denken abgewöhnt hat, kann dann auch die schönen Seiten des Islam entdecken. Die stärkste " ist die gottsucherische Seite des Islams, jene die sich mit dem überlieferten Religionsgesetz nicht zufrieden gibt, es oft nicht einmal wörtlich nimmt". Moment, besteht da nicht wieder die Gefahr der Überforderung? Die Religion ist doch das Gesetz, wie das Gesetz die Religion ist. Das ist nichts zu verbessern, dass muss der Gläubige wörtlich nehmen. Und da liegt auch das Problem, welches die "Ungläubigen" mit dem Islam haben.
Weidners Islambild - ungetrübt von jeder Realität:
"Jüdisches, Christliches, Buddhistisches, Altarabisches (wie die Wallfahrt nach Mekka), lokale Volksreligionen und sufisch-mystische Orden bilden ein kaum entwirrbares Gemisch, in das die neuen Islamdenker noch modernes westliches Gedankengut integriert haben. In einem solch universalem Islam kann jeder Gläubige nach seiner Façon glücklich werden, dabei Wein trinken wie die muslimischen Dichter und dennoch durch gelegentliches Blättern im Koran jederzeit an der göttlichen Allgegenwart teilhaben." So schön ist der Islam, eine all-in-one Religion, die jeden glücklich macht. Konvertiten sind daher nicht nur von jedem Verdacht der seelischen Instabilität freizusprechen, sondern zu ihrer klugen Entscheidung zu beglückwünschen.
Aber, warum ist Weidner nur "fast" Moslem geworden? Die Antwort: "Nun - ich kann einfach keine autoritären Typen ausstehen, selbst wenn sie Allah heißen." Weidner verzichtet auf die bunte Glückseligkeit, nur weil Allah im Koran ein bisschen autoritär daher kommt. Das ist echte Autonomie.
Samstag, 8. September 2007
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